Im Rahmen einer Kooperation mit der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel sind Texte zu den aktuellen Gastkünstlerinnen entstanden.
Lisei Ziesmer (CAU Kiel) porträtiert Ariadne Arendt:
Zwei Löwen flankieren einen irdenen Cubus. Ihre Pfoten liegen auf dem Dach des an eine Fabrik erinnernden Gebildes, aus dem mittig ein Schlot entspringt. Es handelt sich bei diesem Objekt von der Künstlerin Ariadne Arendt um eine Vase, die durch und durch Neumünster ruft: Eine Stadt die durch die Herstellung von Textil- und Lederwaren und den dazugehörigen Fabriken geprägt war. So sehr, dass die Fabrikschornsteine auf dem Neumünsteraner Wappen wiederzufinden sind. Eine Stadt aber auch, die mehr als nur Industriegeschichte besitzt. Die beiden Löwen beweisen es. Sie stammen von einem alten Wappen aus der Gegend, welches Arendt als Inspiration diente.
Die auf der Krim geborene Ariadne Arendt verbringt diesen Juli im Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster und nimmt als eine von zwei Künstlerinnen hier an dem Programm „Ceramic Artists in Residence“ teil. Das Programm möchte den kulturellen Austausch und die gegenseitige künstlerische Befruchtung fördern.
Wie und wann kamen Sie zur Keramik?
Das war in etwa vor vier oder fünf Jahren und kam ganz plötzlich. Es gab kein Initialerlebnis, nach dem ich dachte, ich müsse jetzt unbedingt mit Ton arbeiten. Es war viel mehr eine Idee, die mich überfiel. Zu Beginn war es ziemlich schwierig, weil man sehr viel technisches Wissen braucht und nicht wirklich Teil der keramischen Welt ist. Man muss also erst mal herausfinden, wo was ist und wo man evtl. einen Ofen zum Brennen findet.
Eine Freundin von mir studierte damals Keramik und half mir weiter. Daraufhin nahm ich an drei Töpferstunden am Wochenende bei Tessa Eastman teil. Seit dem versuche ich meine Technik selbstständig zu verbessern und Neues zu lernen.
Welches Projekt möchten Sie hier in Neumünster umsetzen?
Ich versuche verschiedenes zu kombinieren. Ich möchte hier Objekte herstellen, an denen ich mich schon immer versuchen wollte. Dazu gehören u.a. Vasen. Dann ist es mir wichtig meine Erfahrungen, die ich hier in Neumünster mache, in meine Kunst einfließen zu lassen. Außerdem möchte ich wissen, was für Traditionen es hier gibt, welche Volkskunst oder Geschichten und Mythen.
Als ich Kunstgeschichte studierte, habe ich mich viel mit der Art brut, Naiver Kunst und Volkskunst beschäftigt. Die Ursprünglichkeit dieser Kunstformen fasziniert mich. Auch weil sie nicht exklusiv ist.
Alle können an ihr partizipieren: Jeder kann sie erschaffen, jeder kann sich mit ihr umgeben. Meine Arbeiten verfolgen denselben Ansatz: Ich möchte Schönes schaffen, mit dem man sich im Alltag umgeben kann. Dann entweder als Kunst- oder Alltagsgegenstand. Ein Teller z. B. kann als Unterlage für Essen genutzt werden oder aber an der Wand als Gemälde hängen. Beides ist möglich. Kunst sollte nicht nur für die westliche, weiße gehobene Mittel- oder Oberschicht sein. Kunst muss demokratisch, ehrlich und nicht von irgendwelchen Trends abhängig sein. Darum ist Ton auch ein so gutes Material. Weil es Ton überall gibt. Jeder kann damit arbeiten.
Es kommt nicht direkt aus Neumünster wurde aber von Auswanderern in den USA entwickelt: Fraktur. Diese Kunstform stammt von Pennsylvania-Deutschen, die aus dieser Gegend stammen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Dekor, mit dem man Einrichtungsgegenstände oder amtliche Urkunden wie Hochzeits- oder Taufurkunden geschmückt hat. Ich möchte diese Kunst wieder zurück zu ihren Wurzeln bringen und darum möchte ich einige Elemente – ein wenig verfremdet natürlich – hier in Neumünster in meine eigenen Werke einbringen.
Nerikomi! Das ist die Technik, die Tomoko Konno nutzt, um ihre Werke zu bauen. Es ist eine ganz andere Herangehensweise und außerdem arbeitet sie mit Porzellan und nicht mit Ton. Daran traue ich mich noch nicht, weil Porzellan schwieriger zu bearbeiten und noch widerspenstiger als Ton ist. Außerdem hat sie uns in unseren Tandem-Sitzungen gemeinsam mit Danijela Pivašević-Tenner von der Stellung der Keramik in der Kunst Japans gesprochen. Das war sehr interessant, weil Keramik dort ganz anders bewertet wird. In der westlichen Kultur steht die Malerei an oberster Stelle in der Hierarchie der Künste und Keramik wird oftmals gar nicht als Kunst wahrgenommen. In Japan berücksichtigt man, dass ein Pinselstrich und die Farbe – wenn man es gelernt hat – einfacher zu kontrollieren ist. Die Arbeit mit Ton oder Porzellan dagegen bleibt auch für sehr Erfahrene eine ständige Herausforderung. Darum hat die Keramik in Japan auch einen höheren Stellenwert.
Die Abschlusspräsentation von Ariadne Arendt und Tomoko Konno findet am 20. Juli 2018 um 18 Uhr im Künstlerhaus statt.